Freunde des historischen Nachbaus!
Michael Jung, Michel Müller (Micha) und ich haben vor, die Tauchausrüstung von Josef August Schultes (1773 – 1831) zu rekonstruieren.
Zusammen mit den Nachbauten von Klingert und Kreeft, wären die wichtigsten Tauchgeräte aus dem deutschsprachigen Raum aus jener Zeit realisiert. Das besondere an der Ausrüstung von Schultes ist, daß sie ohne Oberflächenversorgung auskommen sollte.
Dazu habe ich die wichtigsten Seiten von Michael Jungs Buch über Schultes in einer PDF zusammengefasst und schicke sie Interessenten, die sich beteiligen möchten, gerne zu. Es sind zuviele MB um hier eingestellt zu werden.
Es gibt eine textliche Beschreibung und eine Zeichnung. Sogar einen Kupferhelm, von dem angenommen wird, daß er der Idee von Schultes entspricht. Schultes selbst hat die Ausrüstung nie gebaut.
Der Helm sollte über einem Lederüberzieher getragen werden. Zur Luftversorgung hat Schultes mehrere Kugelförmige Druckluftbehälter (20 bis 40 bar) vorgesehen, wie sie damals bei sog. "Windbüchsen" verwendet wurden.
Es gibt keine detaillierten Hinweise, wie die Kugeln hätten angeschlossen werden sollen. Die Luftzufuhr sollte schubweise manuell geregelt, die verbrauchte Luft oben am Helm abgelassen werden. Es gibt keine Informationen zu den Gewichten.
Schultess hatte vor, das Atemgas in Intervallen in den Helm zu lassen. Der Taucher sollte die Luft ein paarmal atmen bevor wieder frisch aufgefüllt wurde. Das ist sicher nicht ohne Risiko. Die verbrauchte wärmere Luft sammelt sich oben im Helm und wird herausgelassen oder herausgedrückt, wenn unten die von der Expansion kältere Frischluft nachgefüllt wird.
Wir wollen die Ausrüstung nach den historischen Vorlagen möglichst originalgetreu rekonstruieren. Das kann in der ersten Stufe in Form von Zeichnungen, Texten oder einem Modell geschehen. Diese Ausrüstung analysieren wir nach unserem heutigen Wissen und fragen, ob sie so zufriedenstellend hätte funktionieren können?
In welcher Form sie gebaut wird ist noch völlig offen. Wenn wir genügend Geldmittel zur Verfügung haben, wäre ein Nachbau in Originalgröße möglich. Wenn nicht, dann eben als realistische Zeichnung oder einem verkleinerten Modell.
Wir haben zum Thema bereits einige Emails ausgetauscht, hier zwei der wichtigsten:
Michael Müller:
Mir sind verschiedene Details noch nicht ganz klar, aber einige kurze Überlegungen als Diskussionsgrundlage zum Gerät. Vielleicht seht ihr die Details anders.
1. Der Helm soll per Lederjacke am Taucher befestigt werden, wie ist die Verbindung Jacke-Helm, dicht der nicht?
2. Die Einspeisung der Luft soll unten am Helm erfolgen, der Ablass der verbrauchten Luft oben.
3. Die Einspeisung der Preßluft soll stoßweise manuell oder per Uhrwerk erfolgen
4. Längeres Tauchen soll durch Verwendung von reinem O2 möglich sein
5. Die Preßluft wird in kugelförmigen Behältern gespeichert
Zu1. Um überhaupt einigermaßen atmen zu können braucht man ja ein bewegliches Volumen, beim offenen Helm wird das durch die Wasserfläche geschaffen, beim dichten Helm müsste das die Lederjacke leisten, es müsste also etwas Luft im Oberkörper vorhanden sein.
Zu2. Das Ablassen der Luft oben am Helm geht meiner Ansicht nach so nicht. Beim offenen Helm würde er mit Wasser volllaufen, der Geschlossene spült bestenfalls mit dem Luftpolster der Jacke, dann ist Schluß. Eigentlich müsste die frische Luft oben eingespeist und die verbrauchte unten abgelassen werden.
Zu3. Wenn man ohne Frischluft in einem so kleinen geschlossenen Raum/Behälter atmet wird sich in kurzer Zeit einen gefährliche CO2 Anreicherung ergeben (atmet doch mal aus der Einkaufstüte J) auch im Körper. Wenn man jetzt mit frischer Lüft spült muss erst mal die alte Luft komplett verdrängt werden desweiteren wird der Körper weiter CO2 abatmen so daß der CO2 Anstieg noch schneller erfolgen wird. Das bedeutet wieder schnelleres spülen.
Zu4. Die Verwendung von reinem O2 verbessert die CO2 Problematik nicht, im Gegenteil durch den hohen O2 Anteil /Partialdruck wird der CO2 Anstieg/Partialdruck möglicherweise erst später bemerkt bzw. ignoriert. Beim Kreislauftauchen gab es durch CO2 viele, auch tödliche Unfälle. (Bekanntes Beispiel Sealab III, USA, Atemkalk vergessen)
Zu5. Das wird in Grenzen funktionieren. Mit einer normalen Luftpumpe geringen Durchmessers, sagen wir mal 1,5 cm Durchmesser gedrückt mit 40 kg, würde man auf 22 bar kommen. Bei 10 Kugeln a 1 Liter hätte man dann 220 Liter Luft. Vielleicht gab es auch bessere Pumpen.
Momentan bleibt für mich nur der Schluss das das Tauchgerät noch nicht komplett durchdacht war und so nicht wirklich funktioniert hätte. Schultes gebührt aber sicherlich die Ehre als erster an komprimierte Luft zur Versorgung eines autonomen Tauchers gedacht zu haben.
Soll man so etwas nachbauen, müsste man da nicht zu viel an der beschriebenen Konstruktion verändern? Außer den Preßluftbehältern und dem Helm würde meines Erachtens realistisch nicht viel übrigbleiben……
Einer meiner Kommentare:
Wenn der Kupferhelm einen Durchmesser von 30 cm hat, hätte er ein Volumen von 14 Litern. Es käme eventuell noch das Volumen im oberen Anzug dazu, in Summe vielleicht 30 - 40 Liter. D.h. übrigens, daß in diesem Fall Anzug und Helm luftdicht miteinander verbunden sein müssen. Man müsste ausprobieren, in welchen Intervallen und Volumen Frischluft nachgeführt werden muß damit es keine gefährliche CO²- Anreicherung gibt und der Sauerstoffgehalt akzeptabel ist. Für klassische Taucherhelme rechnet man 40 Liter Frischluft pro Minute um im grünen Bereich zu bleiben, eine CO²-Anreicherung zu vermeiden. Da wäre unser kleiner Luftvorrat aus den 6 Kugeln in 5 Minuten weg. Mit der Sparatmung a la Schultes kommen wir vielleicht auf 10 Minuten.
Es gibt also noch viele offene Fragen.
Michael Müller will an diesem Wochenende einen Versuch durchführen und dabei messen, wie sich die Qualität des Atemgases in einem Helm bei Pendelatmung verändert.
Ich bin schon auf seinen Bericht gespannt,
Franz