Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Diskussionen und Berichte zu historischen Nachbauten und deren Erprobung

Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Fr 13. Okt 2017, 13:12

Hallo Franz,
Högner schreibt, dass die beiden Schuhe (2x 8,5kg) zu schwer zum laufen waren und die im Divemaster angegebenen19,0+10,0kg nicht stimmen. Frage ist jetzt: wie viel Gewicht hatte Högner? ich gehe immer noch davon aus, dass der kleine Lederhelm (mit Stützrahmen) wenig Volumen hatte. Das die Jacke ebenfalls ein metallenes Stützkorsett hat ist ja eine rein hypothetische Annahme. wenn die Metallkausche zum verbinden von Ober- und Unterteil aus (z.B.) gegossenem Messing bestand, kann das Ding bei entsprechender Proportionen auch schon paar Kilo auf die Wage gebracht haben. Aber hier wird wohl auch nur ein Test Gewissheit bringen. Man sollte sich hier wohl nicht von der Begrifflichkeit "Meereswanderer" irreführen lassen. Der Aktionsradius von Kreeft unter Wasser wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr gering gewesen sein. Ich stelle mir das ziemlich schwer vor, mit 2 Schläuchen und einem "Luftversorgungsboot" im Schlepp, fröhlich -in den Sprachschlauch schwatzend- auf dem Meeresgrund zu wandern. Kreeft`s Boot wird, wie beim Helmtauchen üblich, über dem Wrack verankert gewesen sein. Für die Arbeiten am Wrack und in unmittelbarer Umgebung würden dann vielleicht schon die "Blei-Latschen" ausgereicht haben. Der Test wird´s zeigen.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Fr 13. Okt 2017, 13:15

Kreeftologen,

schaut euch das mal an. Lothar hat die Zeichnung in einer Ausgabe der italienischen HDS Zeitung entdeckt:

tauchanzug_durand_1720-rambelli-hdsn55-it-2.jpg
Tauchanzug von A. Durand um 1720. . . .

tauchanzug_durand_1720-rambelli-hdsn55-it-2a.jpg
Das sieht nach einer doppelten Balgpumpe aus. Die Bälge sind rund. . . . Werden sie mit Pedalen betätigt?


Ulf, zu deinem Text oben: Ja, warten wir ab wieviel und wenn überhaupt, Blei benötigt wird. Am Ende kommen wir vielleicht nur mit einem Schrittgurt aus.

: )
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon oxydiver » Sa 14. Okt 2017, 03:06

Hallo,

ein sehr interessanter Fund. Auf dem ersten Blick sieht der Anzug fast wie Kreeft aus. Der Hauptunterschied scheint zu sein das ein inneres Stützskelett (Rüstung) vorhanden gewesen sein muß. Ich hab mal mit Googel-Italienisch eine Rohüberstzung versucht und rangehängt. Ich glaube das wichtigste kann man verstehen, würde mich aber über Verbesserungen freuen.

Gruß Micha
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Sa 14. Okt 2017, 13:47

Hallo Zusammen!

Jetzt wird es nochmal interessant. Für ein Stützgerüst im Anzugoberteil bei Kreeft würde folgendes sprechen:

- der entspannt pumpende Mann im Bootsheck mit großem Balg
- das Sprachrohr, mit dem laut Zeugenbericht, selbst das Atmen gehört werden konnte.
- vielleicht diese Abbildung:

Po 8-169 S.9##.jpg
Die Eisenstangen scheinen nach unten weiter zu führen? "Gestäbe des Buseruhns", ist damit ein Gerüst im ganzen Oberteil gemeint? Im Zeitzeugenbericht steht dazu: Der sogenannte Busseruhn über dem Kopfe besteht bloß aus einigen dünnen eisernen Stäben(fig 5) worüber Leder in Gestalt einer Jacke mit Ärmeln und Handschuhen bis auf die Hüften herabgehend gezogen ist.

Der Text läßt beide Deutungen zu:
- "über dem Kopfe" grenzt auf den Kopf ein
- "Gestäbe des Busseruhns" kann als Stützgerüst im ganzen Oberteil gedeutet werden.
Po 8-169 S.9##.jpg (163.77 KiB) 10153-mal betrachtet


Gegen das Stützgerüst gibt es folgende Argumente:

- kein eindeutiger Hinweis im Text des Zeitzeugenberichts
- Einige dünne Stäbe würden dem Wasserdruck nicht widerstehen
- keine Darstellung in den Zeichnungen
- kein Gerüst im Patent von Bethell

Weder die Zeichnungen noch der Zeugenbericht sind im Detail eindeutig oder korrekt. Das einzige Dokument auf das wir uns verlassen können, ist Bethells Patent. Wir können froh sein, das der liebe Bethell dem Kreeft seine Ideen zum Patent angemeldet hat. So hat seine Schandtat am Ende doch was Gutes.

Es bleiben zwei gewichtige Gegenargumente zum Stützgerüst:
- Das Patent von Bethell
- Der Wasserdruck würde "einige dünne Stabe" zusammendrücken

: )
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Sa 14. Okt 2017, 19:56

moin Kreeft-Fragenzeichen-Beantworter
zum Helm und den Metallgestänge folgende Überlegungen:
um 1800 waren Sattler und Lederer absolut in der Lage dickes Leder dauerhaft zu verformen. googelt dazu mal "leder-helme" oder "Leder-Rüstungen". Das Prinzip ist sehr einfach. Das dicke Leder wir nass gemacht und dann verformt. Durch trocknen bleibt das Leder dann in Form und wird extrem hart. Dadurch könnte man einen Helm, ähnlich den späteren Kupferhelmen, bauen. Kreeft hätte sein KTA Oberteil/Helm also auch durch diese Methode bauen können. Nachteilig ist der große Zeit-und Finanzaufwand. ebenso müsste geklärt werden, wie Kreeft ggf den Übergang von den harten (starren) Lederteilen zu den notwendigerweise flexiblen Lederteilen gemacht hat.... Diese Bauart hätte wohl auch nur eine Rechtfertigung, wenn der KTA eine (nachgewiesen) funktionierende Apparatur mit mehrfachen Einsätzen und in Kleinserie aufgelegt worden wäre. der Zeitzeugenbericht lässt aber eher darauf schließen, dass Kreeft die Apparatur entwickelt hat, kurzzeitig getestet und dann nur wenige Male eingesetzt hat. der Aufbau lt. Zeitzeugen Skizzen spricht für eine Entwicklung nach dem Motto "lernen durch machen".
Welche Funktion kann/muss deshalb das "Stützkorsett" des Busserun erfüllen:
- Formung eines kugeligen Kompakthelms
- das Stützkorsett garantiert die notwendige Lage des Frontfensters
- Kopf kann besser bewegt werden
- Schaffung der notwendigen minimum Luftblase im Anzug
- Fixieren der Helmsektion zentral auf den Schultern
- wenn der Helm innen mit Bändsel an den Metallstangen befestigt wird, kann der Helm nicht über die Maßen aufgebläht werden (platzen)
- genaue Ausrichtung des Frontfensters
- "Abstandshalter" (Innenseite Helm/Kopf) für Frontfenster und Schlauchanschlüsse
- eventuell verbesserte Befestigung der beiden Schläuche
Irgendwie ist es ja logisch, dass das KTA Oberteil oben in einer Art Helm ausgelegt worden sein musste. Mit einer flexiblen, geschlossenen Kapuze können die genannten Punkte nur schwer erfüllt werden.
werde mir morgen mal Gedanken machen, wie das Ding gebaut werden könnte.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » So 15. Okt 2017, 05:59

Hallo Ulf,

das Deutsche Ledermuseum muß und bei der Verarbeitung des Leders beraten. Wenn die nicht in die Gänge kommen, holen wir uns Fachwissen bei Sattlern und Lederschneidern. Dann gibt es noch die Mittelalterszene. . . .

Ich denke auch, daß Kreeft den Anzug durch Versuch und Irrtum entwickelt hat und wer weiß schon welche "Bauphase" der Zeitzeuge beschrieben hat.
Die Helmform sollten wir nicht ganz kugelförmig anlegen, damit das Stützgerüst von unten eingeschoben oder wieder herausgenommen werden kann.

Michas Vorschlag mit dem außen liegenden Stützgerüst sollten wir uns auch nochmal durch den Kopf gehen lassen:

Pro:
Diese Konstruktion hätte den Vorteil, daß bei einem Absturz der Lederhelm oben und hinten, dort wo er nicht am Gerüst befestigt ist, nach innen nachgeben kann. Bei zu schnellem Aufstieg entweicht die Luft über das Schnabelventil.

Kontra:
Kein Hinweis auf ein außen sitzendes Gestäbe bei Kreeft und Bethell.

Das Problem der Druckdifferenz beim Tauchersturz oder zu schnellem Aufstieg, wäre durch einen hängenden Ausatemschlauch am einfachsten zu umgehen. Das Schnabelventil muß jedoch weg gelassen werden, damit bei einem Absturz durch den Unterdruck Wasser in den Anzug gesogen werden kann. Dabei kann nicht viel passieren, da das Wasser im Anzug nach unten läuft.

Gruß,
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » So 15. Okt 2017, 11:27

hallo
die Variante mit dem Gerüst außerhalb des Taucherhelms können wir wohl getrost weglassen. das hätte der Zeichner dargestellt bzw dokumentiert.
denken wir hier nicht zu hoch? das Leonardo Video https://youto.be/YjzZ1-Plgjs (danke an Josef für den Tip) zeigt, dass es auch anders geht. auf dem Clip ist zu sehen, wie der Umgebungsdruck die Haube des Anzugs zusammendrückt. Grund ist der sehr geringe Unterschied zwischen Innen-/Außendruck. Die Testtaucherin in diesem Clip wird übrigens nur mit normal Balg-Pumpe versorgt. Anschauen und dann Diskussion.....
Kreeft wird das Metallgehäuse wohl in erster Linie konstruiert eingebaut haben, damit die Metallteile der Schlauchanschlüsse und das Frontfenster nicht permanent auf den Kopf bzw Gesicht des Tauchers drücken.
Die Kugelform des Helms kann durchaus so gewesen sein, dazu muss dann allerdings das Gestänge erst im Helm "entfaltet" werden. D.h. auch meine Idee mit den Bändsel
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon oxydiver » So 15. Okt 2017, 21:32

Hier ist die deutsche Version https://m.youtube.com/watch?v=OzOV7JLtXiM Wenn ich das richtig sehe kommt der Balg nicht zur Luftversorgung zum Einsatz, er wird nur als Möglichkeit diskutiert und ohne Gegendruck demonstriert. Oder wie seht ihr das?

Gruß Micha
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon oxydiver » Mo 16. Okt 2017, 04:53

Moin,

mir hat das keine Ruhe gelassen, hier http://www.divinginstruction.eu/dc64444.video schreibt Jacquie Cozens alias "Sos Tartarugas" etwas zu dem Thema.
Das wichtigste steht weiter unten: "Sorry to tell you but quite a lot was 'tv magic'. We did not go very deep (3m), it was incredibly painful & difficult to breathe and the bellows were not used. That's not to say that we couldn't have got it working better, but the producers did not leave any time for testing and redevelopment, so it had to be done in one go. There were many improvements that we could have made and I would love to have another go!"

Der Blasebalg wurde also nicht verwendet, die haben nur die Schnorchelatmung getestet.

Gruß Micha

Anbei noch ne ausführliche Beschreibung unserer italienischen Freunde aus der HDSN Maggio 2005
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hdsn33_maggio_2005 da vinci suit_web1.pdf
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Mo 16. Okt 2017, 05:59

moin, die deutsche Version ist schon interessant.
Leonardo hat also schon einen festen Helm verwendet. durch die Bauweise sieht es allerdings bei den UW Aufnahmen anders aus. er verwendet einen enganliegenden Anzug. zwischen Anzug und Helm scheint keine Verbindung zu bestehen. der Helm ist sehr klein. der Auftrieb kann deshalb nur sehr gering sein. die Taucherin hat wenig Gewichte gebraucht. was mir allerdings unklar ist, in dem Kork-Luftspeicher kann ja nur wenig Luftreservoir sein, wie lange kam sie damit aus oder hat sie das Ding wie einen Fahrstuhl immer wieder nach oben geschickt um Luft runter zu holen????
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon oxydiver » Mo 16. Okt 2017, 06:07

Mich hat es auch interessiert und über den technischen Teil ne Google Rohübersetzung des HDSN Artikels gemacht. Im Endeffekt haben die wohl auch die Korkschwimmer-Fahrstuhl-Luftholmethode nicht wirklich getestet. Der Bericht hat wohl viel filmische Freiheit.

Gruß Micha
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Mo 16. Okt 2017, 06:59

moin Micha!
je mehr ich darüber nachdenke, um so mehr bereitet sich kreatives Ideen-Chaos im Kopf aus. Aber geht dir bestimmt genau so.
ich finde jetzt aber an folgender Idee Gefallen: Helm des KTA war aus festem Leder, also durchaus ein Helm und keine Haube. Das Metallgestänge sorgt dafür, dass die Luftblase bis minimum 5-10cm unter den Halsansatz des Tauchers gereicht hat. Damit wäre der primäre Zweck des Gestänges nicht unbedingt das Kopfteil, sondern den Hals-/Brustbereich gegen Wasserdruck zu stützen
Lass uns dazu heute Abend mal tel., dass alles zu schreiben - so viel Zeit hab ich heute Morgen leider nicht.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Mo 16. Okt 2017, 08:55

Hallo Zusammen!

Den Leonardo-Film habe ich eben erst geöffnet. Der erste Link hatte nicht funktioniert.

Balg
Der Balg wurde im Film mit einer Hand ohne Kraft bedient, wir wissen, daß das so nicht funktioniert hätte. Die Nachbauer hatten sich also keine Gedanken zur Blagphysik gemacht, sonst wäre ein kleiner Balg mit langem Hebel zu sehen gewesen. Der Balg kann jedoch dazu gedient haben, den Schwimmer an der Oberfläche mit Frischluft zu durchblasen.

Schwimmer
Die Fahrstuhlmethode ist genial, der Taucher konnte sich so immerwieder frische Luft in die Tiefe ziehen und hatte automatisch den richtigen Druck zum Atmen. Glockentaucher haben das ebenso gemacht.
Das Ganze hatte seine Tücken. Nehmen wir an, der Taucher kam erstmal "Apnoe" ohne zu atmen auf 5m Tiefe. Er zog dann den Schimmer nach unten und hatte einen kleinen Luftvorrat unter 0,5 bar Umgebungsdruck zur Verfügung. Der Luftvorrat strömte vom Schwimmer zum Teil in den Helm, der unter -0,5 bar Unterdruck stand, bis ein Druckausgleich hergestellt war. Wenn der Schwimmer wieder nach oben ging, funktionierte das Ganze rückwärts: Der Schwimmer zog die Luft durch den nachlassenden Umgebungsdruck auf dem Weg nach oben wieder aus dem Helm, wenn dieser kein Rückschlagventil hatte. Der Taucher mußte dabei ausatmen sonst wäre seine Lunge überdehnt worden. Einatmen konnte er erst wieder, wenn der Schwimmer wieder unten angekommen war.
Hatte Leonardos Helm ein Rückschlagventil, brauchte der Taucher nicht auszuatmen wenn der Schwimmer nach oben ging. Dieser, eines Teils seines Luftvorrats durch das Rückschlagventil beraubt, wäre auf dem Weg nach oben teilweise mit Wasser voll gelaufen. Der Schwimmer mußte so konstruiert worden sein, dass das einlaufende Wasser nicht in den Einatemschlauch gelangt.
Der Schwimmer durfte nicht tiefer als der Helm nach unten gezogen werden, da sonst sein Luftvorrat vom Wasserdruck über den unteren Helmrand ins Freie geblasen worden wäre und die Luftkammer sich komplett mit Wasser gefüllt hätte. Beim Auftauchen des Schwimmers wäre Wasser aus seinem Inneren in den Helm gelaufen.
Den Schwimmer müsste man ohne Taucher ausprobieren und prüfen was tatsächlich alles passieren kann, denn der Teufel ist ein Eichhörnchen.

Helm
Ulf, du hast Recht, das Gerüst muß etwas weiter nach unten ragen, bis zum Luftauslaß, damit diese Stelle/Ebene frei bleibt, nicht am Körper angedrückt wird und die überschüssige Luft leicht entweichen kann. Der kreeftsche Helm war quasi halboffen, nicht am ganzen unteren Rand sondern nur an der Stelle des Luftauslasses.

Im Film merkt man, dass die italienischen Nachbauer die gleichen Probleme wie wir bei der Interpretation der Text- und Bilddokumente hatten. Es ist gut, daß wir anhand der Konstruktionen von Leonardo und Durand unsere eigenen Ideen zu Kreeft nochmal überprüfen. Umso sicherer können wir sein, das unsere Lösung nah am Original ist.

: )
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Mo 16. Okt 2017, 11:40

Moin,
die Anordnung der Schläuche bei Leonardo könnte funktionieren, wenn Schlauch A und Schlauch B mit Richtungsventilen, also wie in einem 2-Schlauch-Atemregler Mundstück, versehen war. Das Prinzip muss DaVinci vom Blasebalg her bekannt gewesen sein. damit würde sich eventuell auch die Frage mit dem Überdruck im Helm beim Auftauchen erklären lassen. Aber die Frage ist doch eher, warum hat Leonardo so einen langen Ab-Luftschlauch gewählt??? wieso hat er die Luft nicht einfach aus dem Helm/Anzug abgeleitet? leonardo hatte excellente Kenntnisse der Anatomie des Menschen. mit seiner Tauchmaschine hat er irgendwie den Atemkreislauf des Menschen nachgebildet, nur eben abstrakt vergrößert.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Mo 16. Okt 2017, 12:10

[quote="stg53"]noch zwei Gedanke, die zum Nachdenken anregen sollten:
1. Im Kreeft-Zeitzeugen-Text wird einmal von einem Sprachschlauch gesprochen, mit dem man sehr gut den Taucher hören konnte. Anderseits steht dort, dass der Taucher bei Gefahr mit der Leine Signal geben konnte/sollte (!). Was denn nun, Verständigung über Sprachschlauch oder über Signalleine? Interessanter weise hält unser lieber Kreeft die (um den Körper lfd.) Signalleine mit beiden Händen - bei Leonardos Tauchapparat muss der Schwimmer auch mit zwei Seilen das Luftreservoir nach unten ziehen.....
2. ist eher als Frage zu verstehen. kann bei gleichlangen Schläuchen und konstanter Druckzufuhr eigentlich ein Art Injektor-Effekt eintreten? leonardo war zu genial, als dass er die Luft eben nicht unbewußt durch einen gleich langen Schlauch vom tiefsten Punkt auf den Rückweg brachte.... @Franz denkt da ja so ähnlich: ".....Wenn der Schwimmer wieder nach oben ging, funktionierte das Ganze rückwärts: Der Schwimmer zog die Luft durch den nachlassenden Umgebungsdruck auf dem Weg nach oben wieder aus dem Helm...." oder reicht diese Luftbewegung/Luftströmung sogar um ein Ansaugen durch den Zufuhrschlauch zu erleichtern?
wir sollten nochmals auf den zwei gleichlangen Schläuchen und dem einfachen Balg rumdenken!
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Di 17. Okt 2017, 09:12

Freunde,

das Ledermuseum hat reagiert. Gestern wurde in Offenbach unser Projekt besprochen. Die Curatorin, Frau Dr. Florschütz, wird sich "in den nächsten Tagen" dazu melden.

: )
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon stg53 » Mi 18. Okt 2017, 06:27

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Moin Kreeftianer!
Da mein Handy momentan spinnt u ich nicht weiß, ob Micha u Franz die gestrige bebilderte Mail bekommen haben, hier noch mal die Bilder. Halsring und Spanner dazu habe ich. Könnten also Pinguin-Jacke mit Selbstbau Helmen versehen.
Ich überlege, ob es nicht sinnvoll ist, die Versuche komplett mit einem Dräger KV zu machen. Ich habe irgendwo auch noch eine alte haube davon rumliegen. für die Balgversuche müssten wir dann nur Schlauchanschlüsse in das Ding einbauen. Der Anzug müsste dann vorn eine Öffnung bekommen. Oder so wie von Franz/Micha vorgeschlagen, wir führen den von aus der Haube raus.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Sa 21. Okt 2017, 06:15

Hallo Miteinander!

Das Deutsche Ledermuseum hat reagiert und den Restauratorenverband VDR als Ansprechpartner genannt: http://www.restauratoren.de
Ich habe die Geschäftsstelle angeschrieben, unser Projekt kurz vorgestellt und nach Werkstätten für Lederverarbeitung gefragt.

Gruß,
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Do 26. Okt 2017, 10:33

Hallo Zusammen,

der Restauratorenverband hat reagiert und mehrere Ledermanufakturen genannt. Ich habe den ganzen Morgen mit ihnen telefoniert und unser Projekt vorgestellt. Ein Betrieb aus Hannover scheint der geeigneteste zu sein, der Inhaber ist Sattlermeister und kann wasserdichte Nähte herstellen. Die Manufaktur hat Erfahrung mit der restaurierung alter Lederobjekte. Ich habe ihm unsere Zeichnungen zugeschickt, die Details besprochen und um einen Kostenvorsnschlag gebeten. Das wird ein paar Tage dauern.

Wir hätten damit Hersteller für die Metallteile, den Anzug und die Lederschläuche. Es feht noch ein Handwerker für den Blasebalg. Am Wochenende google ich nach einem "Wagnermeister", falls es so jemand überhaupt noch gibt, oder einem Fachbetrieb für historische Holzkonstuktionen. Hier in Neustadt gibt es mehrere Schreinereien, die sich damit auskennen.

Gruß,
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Zuletzt geändert von Franz am Sa 28. Okt 2017, 06:22, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Nachbau des Tauchanzugs von Peter Kreeft

Beitragvon Franz » Do 26. Okt 2017, 12:55

Leder Fans,

dieser Anzug von Dräger diente für meine Skizze um Nachbau auf Seite 7 als Vorlage.

Tauchanzug Dräger#.jpg


Er ist weit geschnitten, damit man bequem hinein schlüpfen kann. Am Bauch scheint er ebenfalls einen umlaufenden Ring zu haben,
über den er zur Hose abgedichtet wird. Unser Kreeft Nachbau sollte ähnlich weit geschnitten sein.

Ulf, was sagt der Helmtaucher zum Schnitt?

: )
Franz
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