Kompensation im Loosco-Ei

oder auch Kompaktregler genannt

Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Lothar » Mo 19. Okt 2015, 15:21

Hallo kollektive Weisheit,
der niederländische Zweischlauchregler Loosco Egg ist ja einer der ersten (oder gar DER erste ?) mit einer kompensierten (oder balancierten?) ersten Stufe.
Kann mir jemand erkären, was das Besondere an dieser Kompensation ist.
Warum diese (aufwändige) elastische Manschette statt des (heute üblichen) Nullrings, in dem der Kolben gleitet?
Ist da Jan van Buueren nur nichts Besseres eingefallen, oder ist da noch ein Trick dahinter?
principe zeichnung.jpg

0hogh druck sitz divesafe.jpg

Man erzählt sich ja, dass J.Y.C. bzw. Gagnan bei Jan abgeguckt hat, als dessen Regler 1953 zum Test bei der Marine Nationale war. Die Kompensation wurde dann beim Aquilon realisiert.
Da dies aber ein Einschlauchregler war, wurde der Mitteldruck als Hilfsdruck für die Kompensation genommen und nicht der Druck aus der Membrankammer wie beim Ei.
Weiß jemand was darüber?
aquilon3.jpg
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Franz » Mo 19. Okt 2015, 20:54

Hallo Lothar,

frage mal unser Mitglied Jeroen Gompelmann, der weis das mit Sicherheit. . . Ich hätte darauf getippt, das man mit der Konstruktion die Patente anderer umgehen wollte, sicher bin ich mir da nicht.

Dieses Schnittmodell hatte Jeroen 2010 am Marxweiher dabei:

IMG_2629.jpg


: )
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Lothar » Mo 19. Okt 2015, 22:45

Hallo Franz,
mit dem diskutiere ich doch die ganze Zeit darüber.
Er hat leider keine wirklich plausible Erklärung.
Ich hab alles gelesen, was er mir geschickt hat, diesmal auf niederländisch...
Ich kümmere mich schon, bevor ich meine Ratlosigkeit hier preisgebe ;-))
Eines ist mir inzwischen eingefallen, es könnte verschleißärmer sein als ein Nullring, an dem es reibt.
Aber denkt man darüber schon nach, wenn man ein neues Prinzip erfindet?

Und was für ein Patent sollen sie denn 1951 damit umgangen haben?
Gagnan hatte noch längst keines dazu.
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Franz » Mi 21. Okt 2015, 14:02

Moin Lothar,

der Loosco ist auf den ersten blick nicht balanciert, jedenfalls ist in den Skizzen kein durchbohrter Kolben zu erkennen, somit baut sich dahinter kein Mitteldruck auf.

Was ist das Geheimnis der Manschette? Die Manschette ersetzt die sonst übliche Druckfeder. Vielleicht funktioniert das Ganze so:

Wenn die 1. Stufe aufmacht, bewegt sich der untere Kolben nach oben und staucht die Manschette in Längsrichtung "L.H.". Sie drückt gegen die beiden Kegel "1" und "2", die jetzt enger beisammen stehen und nimmt dabei in der Mitte an Durchmesser zu "D2". Die innere „Stützfeder“, welche im Schnitt zu sehen ist, sorgt dafür, dass dies gleichmäßig am ganzen mittleren Umfang passiert. Der Flaschendruck "P4" wirkt dagegen und drückt alles wieder zusammen auf Durchmesser "D1" sobald die Stufe wieder schließt. Die Manschette funktioniert abhängig vom Flaschendruck im Gegensatz zu einer Druckfeder, die mit immer gleichem Druck arbeitet. Bei niedrigem Flaschendruck drückt die Manschette mit deutlich weniger Kraft Richtung Dichtsitz, der Mitteldruck kann sich „in aller Ruhe“ zur Gänze aufbauen. Die Manschette dient also dazu, trickreich den Mitteldruck konstant zu halten.Könnte doch sein, oder?

0hogh druck sitz divesafe Kopie Kopie Kopie Kopie.jpg


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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Frank » Mi 21. Okt 2015, 22:26

Hallo miteinander!

Also meine Eindrücke hierzu (auf die Schnelle, ohne nachgeprüft zu haben):

1. O-Ringe kamen eigentlich bei Atemreglern deutlich nach 1951 in Mode - richtig gebraucht wurden die erst bei den kolbengesteuerten ersten Stufen und die kamen erst in den frühen 60ern. Daher verwundert es mich nicht, dass da noch keine verbaut wurden. Keine Ahnung wie damals die Fertigungsqualität war.

2. Balancierung. Ja, nach meiner Meinung ist der balanciert (oder sollten wir besser sagen: kompensiert?). Vergleicht doch mal das Steuerelement mit dem koaxial balancierten Kolben einer zweiten Stufe Scubapro D 400 - die sind verdammt ähnlich aufgebaut. Im Grunde haben wir hier eine Kammer in die der Hochdruck einströmt, in der er aber in beide Richtungen drückt. Damit ist keine nur gegen die Flussöffnung gerichtete Kraft da.

Vielleicht hab ich in der schnelle ja was übersehen - lasse mich gerne belehren....

Gruss
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Franz » Do 22. Okt 2015, 10:58

Jungs,

es gibt noch einen Leckerbissen in der Kostruktion von Loosco:

Federteller.jpg
Federteller.jpg (69.9 KiB) 14617-mal betrachtet

Die Druckfeder ist hinten Punktförmig gelagert, dazu kann man bei Dräger lesen:
Toleranzen der Federkraft bzw. der Federlänge wirken sich auf den Ausgangsdruck aus. Diese Ausführung bietet die Möglichkeit, die Vorspannung der Feder zu beeinflussen. Außerdem besteht die Möglichkeit, die durch mangelnde Parallelität der Federendflächen und durch Abweichung der Federmantellinie von der Senkrechten entstehenden Störgrößen zu reduzieren. Bei dieser Ausführung werden die genannten Störgrößen durch den punktförmig gelagerten Federteller erheblich reduziert, insbesondere, wenn die Gegenseite der Feder auf einem der elastischen Membran als Steuerelement flach aufliegenden Federteller abgestützt wird.

Das Ei hat also ein paar Überraschungen parat, Ich muß mir mal so'n Teil anschaffen.

@ Frank: Kompensation/Balancierung, schau mal hier rein:

http://www.seveke.de/tauchen/technik/1regler.htm

Dazu steht viel Informatives weiter unten, Anfangs der zweiten Seitenhälfte.

: )
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Lothar » Fr 23. Okt 2015, 12:46

Hallo 2x F,
das Ei hat also einiges zu bieten, sag' ich doch ;-)
Und es ist schön, wenn mal 'ne "fachliche" Diskussion zustande kommt.

Das Ei ist natürlich kompensiert, nur nicht über den Mitteldruck sondern über den Druck in der Membrankammer, was nur beim Kompaktregler möglich ist. Man müsste wirklich mal dynamisch modellieren, um den Vorteil rauszukriegen.

Manschette gegen Nullring, auch Jeroen ist der Meinung, dass die Zeit für den Nullring noch nicht reif war.
Ich befürchte, dass Jan die Effekte der Manschette, die Franz nannte, noch nicht gesehen hat, aber wer weiß...

Steht noch die Frage zum Ideen-Klau zur Kompensation von La Spiro.
Ist der Aquilon auf dem Mist von Jan van Buuren gewachsen?
Patente dazu von ihm gibt es ja leider nicht.

Ich bossele mit Jeroen an einem Artikel zum Ei für die TH5.
Mal sehen, ob wir's hinkriegen, das richtig darzustellen.
Genau wegen dieser Detailliertheit bin ich auch an einem Artikel über den Piloten interessiert, Frank.
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Franz » So 25. Okt 2015, 09:50

Hallo Lothar!

Es ist seit vergangener Nacht wieder Winterzeit und ich habe die gewonnene Stunde genutzt um nochmal neu über die Manschette nachzudenken.

An die Komprimierung oder Balancierung glaube ich nicht so recht, wenn dafür nur der Membrankammerdruck zur Verfügung steht, denn der entspricht lediglich dem Umgebungsdruck.

Meine erste „Theorie“ zur Funktion der Manschette hat einen grundlegenden Schönheitsfehler, denn der Druckminderer wäre in drucklosem Zustand zu! Wird er mit Druck beaufschlagt, wäre er noch „zu-er“. . . Bekanntermaßen braucht der Taucher Luft, so geht’s also wirklich nicht! Oh Mann, das mir!!

Die „Lichthoogtje“-Darstellung zeigt das System unter Druck (P4). Die runde Stützfeder ist keine Stützfeder sondern eine zylindrische Büchse, die zwei Funktionen hat:

- sie verhindert, dass sich die Manschette unter Druck in den Spalt „LH“ zwischen dem Kolben und der oberen Tülle, drückt.
- sie gibt dem Kolben am oberen Ende nochmal Längsführung.

Also nix D2, völliger Blödsinn, es bleibt immer bei D1. Die Manschette dient einfach nur dazu die Kolbenlängsbewegung abzudichten. Zu jener Zeit gab es den O-Ring bereits seit 20 Jahren. Er wurde 1933 in den USA von Niels Christensen patentiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Niels_Christensen

Van Buueren hat sich wohl wegen der längeren Lebensdauer für die Manschette entschieden. In den 50er Jahren gab es noch nicht die modernen verschleißarmen Werkstoffe für O-Ringe wie heute. Eine Abdichtung in Längsbewegung, zumal unter hohem Druck, wäre damals noch problematischer gewesen.

Wie ist die Manschette mit dem Kolben und der Tülle verbunden, nur unter Gummispannung drauf gesteckt oder vulkanisiert?
Haben andere Hersteller damals hier O-Ringe verwendet?

In's Grübeln bringt mich trotzdem noch die komplizierte Form der Manschette in deren Mitte. . . Ob das die Montage erleichtert hat? Da gibt es vielleicht doch noch ein kleines raffiniertes Geheimnis. . .

Mit "dicht"-erischem Gruß,

Franz
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Lothar » Mo 26. Okt 2015, 12:22

Hallo Franz,
so sehen die fraglichen Teile aus:
0hochdrucksitz.jpg

Bitte das Bild nicht weiter geben, es unterliegt dem Copyright von Hydrogom.
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon Franz » Mo 26. Okt 2015, 17:51

Lothar,

aha, die "Lichthoogte" Zeichnung weicht von der Realität ab. . . Da sind sogar mehr Teile auf dem Foto zu sehen: die Manschette wird noch von einer Tülle umgeben und über dem Kolben sitzt ein zusätzliches Teil. Die Manschette ist wohl nur ein stück Schlauch und nicht so komplizeirt im Querschnitt. Mann oh Mann, da lag ich mit meiner "D1 und D2"-Theorie weit daneben.

Gruß,

Franz
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Re: Kompensation im Loosco-Ei

Beitragvon CG43 » So 18. Feb 2024, 15:18

Hallo

Da dieser Thread etwas offen endete noch ein paar Bemerkungen dazu :

Die Frage ob und wenn ja wer hier von wem abgekupfert hat ist nicht zu klären .
Kompensierte Ventile gab es in der Industrie tausendfach und jeder fähige Ingenieur kann diese aus den
dazu notwendigen Bedingungen selbst entwickeln . Wahrscheinlich wurde das Rad "erfunden" , aber spätestens die
Griechen hätten mit der mathematischen Bedingung Kreis gleich geometrische Figur wo jeder Punkt auf dem Umfang
den gleichen Abstand zu einem Punkt (Mittelpunkt) hat die Form des Rades systematisch entwickeln können .

Beim Loosco-Ei liegt an einer Seite des Dichtstopfens der erste Stufe der Mitteldruck an , an der anderen Seite der
Umgebungsdruck . Dies stört aber die Kompensation nicht wirklich solange dieser Druckunterschied unabhängig von der Tiefe
und dem Flaschendruck näherungsweise konstant ist . Ein konstanter Druckunterschied auf eine konstante Fläche ergibt eine
konstante Kraft . Diese konstante Kraft läßt sich einfach durch die Einstellung der Mitteldruckfeder weg justieren .

Unabhängig davon ob und welche Feder den Dichtstopfen gegen die Dichtfläche zu drücken versucht .
Die Mitteldruckfeder ist stärker so das jede Erststufe drucklos immer voll offen ist !
Erst der Mitteldruck auf auf die Kolben oder Membranfläche kann die Kraft der Mitteldruckfeder ausgleichen .

Die Kompensation : Was kann man machen wenn man nach der Zeichnung die Funktionsweise nicht versteht ?

Bevor man sich verwirren läßt oder aufgibt versucht man erst mal ein vereinfachtes Modell .
Diese Modell muß die Realität nur teilweise und näherungsweise wiedergeben .

Dazu ersetze ich das Gummi durch eine Flüssigkeit , den Dichtspalt durch den die Flüssigkeit raus laufen würde mache ich zB.
nur 1 nm weit so das dort praktisch nichts durchläuft .
Nun wird die Arbeitsweise dieses kompensierten Ventils deutlich . Die Fläche die nicht vom Flaschendruck belastet
wird ist auf der Umgebungsdruckseite etwa so groß wie das innere der Stützfeder .
Dies entspricht nach der Zeichnung etwa der Fläche der Ventilöffnung des 1.Stufe Ventils und damit einer Kompensation .

Natürlich ist Gummi keine Flüssigkeit und aus einem stark vereinfachten Modell eine gut funktionierende erste Stufe
zu machen ist noch eine andere Sache . Das scheint Jan van Buuren perfekt gelungen zu sein .

Gruß Rainer
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